Gangstörung und Stürze

Mobilität ist in unserer Gesellschaft ein hohes Gut und somit stellt eine die Mobilität beeinträchtigende Gangstörung eine wesentliche Minderung der Lebensqualität dar.

Gangstörungen nehmen mit dem Lebensalter zu. 10–15% aller Menschen, die älter als 60 Jahre sind, leiden unter einer Gangstörung. Bei den 80-jährigen sind es schon 25–30%, andererseits haben aber immerhin 20% der Hundertjährigen noch einen normalen Gang. Dabei ist insbesondere im Alter immer auch an eine medikamentös bedingte Gangstörung zu denken, da nahezu alle Substanzklassen Gangstörungen auslösen können.

Gangstörungen sind eines der häufigsten Symptome in der Neurologie und sehr häufig bei Parkinson-Syndromen (93%). Eine Gangstörung bei Parkinsonsyndromen kann sich als eine Starthemmung beim Losgehen, ein ‚Festkleben auf dem Fußboden‘ (‚freezing‘) oder ein ‚Trippeln auf der Stelle‘ (‚trembling in place‘) äußern. Zeitweise wird auch von einem immer schneller werdenden Gang berichtet (‚Festination‘). Die Gangblockaden als auch eine Störung des Gleichgewichts können im späteren Krankheitsverlauf die Ursache für einen Sturz sein. Das Sturzrisiko bei Parkinsonpatienten ist doppelt so hoch wie bei gesunden Altersgenossen.  Hinzu kommt, dass oftmals mit der Angst zu stürzen ein ‚Teufelskreis‘ einsetzt, der zu Immobilität, Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit und sozialem Rückzug führt. Die meisten Stürze ereignen sich im häuslichen Umfeld, 45% während des Gehens, 32% bei Alltagsaktivitäten im Stand und 21% bei Bewegungsübergängen. Es wird angenommen, dass die Bewegungsarmut, sowie die Steifigkeit zu einer Verlangsamung der Reaktionsfähigkeit führen und das Risiko für einen Sturz erhöhen. Deshalb muss immer kontrolliert werden, ob sich z.B. das ‚freezing‘ durch eine Änderung der Medikation lindern lässt. Generell ist eine Verbesserung der Gangstörungen allein durch Medikamente eher schwer zu erreichen. Wegen des unzureichenden Ansprechens der Gangblockaden und der Gleichgewichtsprobleme auf Medikamente haben übende Therapien, wie Physiotherapie oder Ergotherapie, eine große Bedeutung.

Der Schwerpunkt bei der Behandlung von Gangstörungen mit einem erhöhten Sturzrisiko bildet ein intensives Gleichgewichtstraining sowie die Erlernung von Cues, um die Gangblockaden zu überwinden.  Zum Einsatz kommen dabei auch evidenzbasierte Therapien, wie die medizinische Trainingstherapie (MTT) und das Schubstraining nach Jöbges. Eine Schulung von risikogerechtem Verhalten, ggf. mit einem Falltraining, beziehungsweise ein Training der Sturzprophylaxe bilden einen weiteren Schwerpunkt.

Beispielhafte Tipps für den Alltag - Verhaltensstrategien:

  • Drehungen in großen Radius durchführen
  • Marschieren auf der Stelle zum Drehen
  • Festes Schuhwerk
  • Anzählen, im Takt der Musik gehen, Cues nutzen

Beispiele für die Anpassung von Umweltfaktoren, um einen Sturz zu verhindern:

  • Teppichkanten vermeiden
  • Engpässe vermeiden
  • Türschwellen beseitigen
  • Evtl. Handgriffe befestigen
  • Ausreichende Beleuchtung (Nacht)